„Rückblick auf die Settimana Friulana 16. – 23. September 2016“
40 Jahre nach dem verheerenden Erdbeben im Friaul gedachte der Verein «Pro Friuli» des tragischen Ereignisses. Am Jahrestag des ersten Bebens im Mai fand bereits eine Gedenkveranstaltung statt. Im September wurde der Nachbeben gedacht. Die Kontakte zwischen dem Kanton St.Gallen und dem Friaul begannen nach diesen Beben im Rahmen von Hilfeleistungen finanzieller und moralischer Art. Trotz Zerstörung, Tod und Trauer entwickelte sich bald wieder ein starker Wille zum Leben. Die «Settimana Friulana» vom 16. – 23. September knüpfte hier an. Im Zentrum steht der kulturelle, landschaftliche und kulinarische Reichtum der Region.
Den Auftakt machte am 16. September ein «Friaulischer Abend» im Historischen und Völkerkundemuseum. Dabei wurde das Publikum mit vielseitigen Vorträgen in Geschichte, Sprache, Kultur, Geografie und – natürlich – auch in die Küche der Region eingeführt, für welche der Fogolâr Furlan mit Anna – Rosa Brochetto besorgt war.
Regierungspräsident Martin Klöti ging in seiner Rede auf die Gründung des Vereins Pro Friuli St.Gallen ein, der zusammen mit dem Fogolâr Furlan (Organisation der Auslands-Friulaner), zur Veranstaltungsreihe geladen hatte. Der Verein Pro Friuli entstand 1984 aus den St.Galler Hilfsaktionen zugunsten der Erdbebengeschädigten im Friaul. Die Schäden aus der Katastrophe von 1976 sind mittlerweile weitgehend behoben, doch eine Vielzahl an kulturellen und gesellschaftlichen Kontakten zwischen der Ostschweiz und dem Friaul sind geblieben. Klöti betonte, dass es für den Wiederaufbau nach einem schweren Beben nicht nur Zement brauche, sondern auch «menschlichen Mörtel», wofür der Verein Pro Friuli stehe. Aus grossem Leid und Zerstörung könne Positives und Dauerhaftes entstehen, wie eben die noch bestehende Freundschaft zwischen dem Kanton St.Gallen und dem Friaul, sagte der Vorsteher des Departementes des Innern im Vortragssaal des Museums. Er liebe zwar Italien, wegen der dort erlebbaren Geschichte, der Musik, des Designs und natürlich wegen des guten Kaffees, so Klöti. Doch gerade die jüngsten Erdbeben in Italien, etwa 2009 in den Abruzzen, zeigten auch eine andere Seite des Landes, nämlich das Versagen staatlicher Institutionen, etwa bei den Bauvorschriften oder beim Wiederaufbau. Umso mehr sei Hilfe nötig, gerade auch mit Blick auf das Erdbeben, das vor einigen Wochen die Gegend von Amatrice in Mittelitalien heimgesucht habe. Im Gegensatz dazu gilt freilich die Bewältigung des Erdbebens von 1976 im Friaul insgesamt als vorbildlich, nicht zuletzt weil die Bevölkerung rasch auf viel Hilfe aus dem Ausland zählen konnte und der Wiederaufbau auch in staatlichen und wirtschaftlichen Kreisen in Italien Ende der 1970er-Jahre rasch höchste Priorität genoss.
Rolando Ferrarese, Direktor des «Centro Socio Culturale Italiano di San Gallo» wies in seinem Referat etwa darauf hin, dass der sorgfältige Wiederaufbau des Doms von Gemona, einem 1976 völlig zerstörten Städtchens im Friaul, mittlerweile als vorbildlich gelte.
Isabella Studer-Geisser, Präsidentin des Vereins «Pro Friuli», schaffte es, die Region zwischen Adria rund Karnischen Alpen in ihrem kurzweiligen Vortrag in ihrer ganzen Vielfalt zu präsentieren. Wer spätestens beim letzten Teil des Vortrags, den kulinarischen Genüssen, Hunger verspürte, kam beim anschliessenden Apero auf seine Kosten.
Am 20. September stellte Eleonora Rothenburger Barbaro, Präsidentin des Vereins Dante Alighieri di San Gallo, stellte den bekannten Regisseur und Schriftsteller Pier Paolo Pasolini vor. Pasolini gilt gemeinhin als Römer, stammt aber mütterlicherseits aus dem friaulischen Casarsa della Delizia, wo er seine Jugendjahre verbrachte und als Primarlehrer seinen beruflichen Werdegang begann; Frau Rothenburger Barbaro brachte dem interessierten Publikum friulanische Texte, Gedichte und Erzählungen, Pasolinis näher.
Zum Abschluss der Settimana Friulana brachte Rolando Ferrarese am 23. September den Film «Gli Ultimi» von Vito Pandolfi und Pater David Maria Turoldo im Centro Socio – Culturale Italiano in St. Gallen zur Aufführung. Der Film erzählt in der Tradition der Entwicklungsromane die Lebensetappen eines Taglöhnersohnes, den Turoldo – als Symbolfigur für das Friaul – den Weg des Erniedrigten hin zur Erringung des Selbstbewusstseins und der Selbstbestimmung gehen lässt. Für viele bleibt der Film aber auch wegen seinen Bildern des ärmlichen Lebens der friaulischen Bauern in den Dreissigerjahren in Erinnerung. Ein Leben, das sich doch zum Besseren gewandelt hat.